Künstler

Karl Schmidt-Rottluff

Titel

Afrikanisches

Jahr
1954
Gattung
Material / Technik
Maße
Bildmaß 76 × 90 cm
Rahmenmaß 90 × 104 × 4,5 cm
Details zum Erwerb
Erworben 1964 als Schenkung von Karl Schmidt-Rottluff
Credits
Karl Schmidt-Rottluff, Afrikanisches, 1954, Öl auf Leinwand, Brücke-Museum, © VG Bild-Kunst, Bonn 2019

Ausstellungen (Auswahl)

Literatur (Auswahl)

  • Werner Stein, Berlin (Hg.), Verzeichnis der zur Eröffnung ausgestellten Werke September 1967 bis März 1968, Ausst.-Kat. Brücke-Museum, Berlin 1967.

  • Karl Schmidt-Rottluff. Das nachgelassene Werk seit den zwanziger Jahren. Malerei, Plastik, Kunsthandwerk, Ausst.-Kat. Brücke-Museum Berlin, Berlin 1977.

  • Magdalena M. Moeller (Hg.), Karl Schmidt-Rottluff. Der Maler, Ausst.-Kat. Städtische Kunsthalle Düsseldorf / Städtische Kunstsammlungen Chemnitz / Brücke-Museum Berlin , Hatje, Stuttgart 1992.

  • Magdalena M. Moeller, Tayfun Belgin (Hg.), Karl Schmidt-Rottluff. Ein Maler des 20. Jahrhunderts. Gemälde, Aquarelle und Zeichnungen von 1905 bis 1972, Ausst.-Kat. Museum am Ostwall Dortmund/ Kunsthalle zu Kiel/Museum der Bildenden Künste Leipzig , Hirmer Verlag, München 2001.

  • Ralph Melcher (Hg.), Die Brücke in der Südsee. Exotik der Farbe, Ausst.-Kat. Saarlandmuseum Saarbrücken, Hatje Cantz, Ostfildern-Ruit 2005.

  • Magdalena M. Moeller (Hg.), Brücke-Museum Berlin, Malerei und Plastik. Kommentiertes Verzeichnis der Bestände, Hirmer Verlag, München 2006.

  • Magdalena M. Moeller (Hg.), Karl Schmidt-Rottluff. Landschaft - Figur - Stilleben, Ausst.-Kat. Brücke-Museum, Berlin, Hirmer Verlag, München 2014.

  • Magdalena M. Moeller (Hg.), Brücke Museum Highlights, Hirmer Verlag, München 2017.

Details

Signatur/Bezeichnung
Signiert unten links: S.Rottluff (Signatur)
Rückseitig auf dem Keilrahmen: Schmidt=Rottluff "Afrikanisches" ((545)) (Bezeichnung)

Inventarnummer
23/64

Werkverzeichnisnummer
Grohmann S. 308, Tafel S. 157

(Aischa Sane)

Kolonialer Raub als Inspiration

Ein Kommentar zu kulturellem Imperialismus

Was erzählen Bilder europäischer Künstler*innen über deren Faszination und Auseinandersetzung mit kulturell bedeutsamen Objekten des afrikanischen Kontinents? Wie wird über Inspiration, Aneignung, kolonialen Raub gesprochen?

Das Stillleben Afrikanisches von 1954 zeigt eine kleine Sammlung afrikanischer Plastiken. Abgebildet sind eine Büffelmaske sowie augenscheinlich handgemachte Vasen und Gefäße. Das Werk dürfte Exponate aus Schmidt-Rottluffs persönlichem Besitz abbilden.

Mit der Faszination für außereuropäische Kunstgegenstände ist der Expressionist nicht allein: auch andere europäische Künstler*innen der Moderne nehmen afrikanische und ozeanische Werke in den Fokus. Schmidt-Rottluff scheint in den afrikanischen Exponaten einen „wild“ anmutenden Primitivismus zu verstehen, der für seinen eigenen künstlerischen Ausdruck als Inspiration dient. Diese Haltung legt folgendes nahe: Die Anhäufung entrissener Exponate – und damit die Anhäufung eines kulturellen Selbstverständnisses – bedarf keinerlei kultureller, historischer oder materieller Wertschätzung. Und das, obwohl der fortwährende Prozess des Raubes das Gegenteil verrät. Denn in Europa angelangt, reißen sich junge, neugierige Künstler*innen wie Schmidt-Rottluff um eben diese Kunstwerke und stillen ihren eigenen Durst nach Inspiration und neuen Impulsen. Stetig auf Kosten derer, die ihre Kultur für den Durst und Überfluss der anderen hergeben müssen. Die Exponate als object of interest existieren nicht nur als Inspiration für den hungrigen europäischen Künstler, sondern auch als die handfeste Manifestation kolonialer Gewalt. Zeitgleich findet eine Abwertung der kolonisierten Zivilisation, und allem was sie produziert, statt.

Mit der Aneignung ihrer Kunst wird dem kolonisierten Volk seine Kultur und Geschichte entrissen. Und das könnte doch fast schon als höchste und nachhaltigste Form der Brutalität in einem kolonialen Gewaltverhältnis gewertet werden – einer Bevölkerung die Grundmauern ihres Selbstverständnisses zu stehlen – die Kunst und Kultur, die sie als Zelebration und Abbild ihres menschlichen Daseins schafft. Jedes afrikanische oder ozeanische Exponat erzählt eine Geschichte. Eine solche, die der europäische Künstler nicht in der Lage oder gar gewillt ist in seiner Gänze zu erfassen und zu thematisieren. Denn so liest der Europäer das Objekt der Kolonisation: als etwas das besessen, bestaunt, repliziert und benutzt werden kann – aber nicht als etwas, das in seiner Autonomie verstanden, wertgeschätzt und kompensiert gehört.

Die selbstverständliche Verfügbarkeit von bedeutungsträchtigen kulturellen Gütern prägt das deutsche (künstlerische) Selbst trotzdem bis heute, auch wenn diese mittlerweile in Restitutionsdebatten aufgegriffen und thematisiert wird. Hundert Jahre später wird ein Schmidt-Rottluff immer noch für seine Werke gefeiert. Während die Gewalt, die ebendiesen Werken vorausgehen muss, nicht mit der institutionellen Beteiligung an einem populärer werdenden Diskurs wettgemacht wird. Wertschätzung findet, wenn überhaupt, nur durch eine koloniale Linse statt. Eine, die die Urheber*innen des Werkes – sowohl die Einzelperson als auch die Gesellschaft, welche das künstlerische Wesen dieser Einzelperson kultiviert – für nicht viel mehr als einen Pfeiler der eigenen künstlerischen Entwicklung befindet.

Es herrscht ein stiller Konsens unter denen, deren individualistische Expression auf der Ausbeutung der anderen fußt – egal ob Künstler*in, Betrachter*in oder jene, die darüber schreiben: das Leid und die Ausklammerung der anderen ist eine selbstverständliche Gegebenheit zur Ermöglichung der eigenen freien Entfaltung. Über die Brutalität dieser Selbstverständlichkeit schweigen wir – bis heute, gerade heute.

(Juri & Johan ) Interview
03:54
(Emilia & Elena ) Interview Kulturelle Aneignung
01:42
(Aischa Sane )
Kolonialer Raub als Inspiration
(Noah Sow )
Kulturelle Aneignung
(Sandi ) Farben
00:50
(Sandi ) Kalte Farben
00:10
(Sandi ) Maske
00:39
Assoziationen
00:57
Fragen
00:17
Impressum