Künstler

Ernst Ludwig Kirchner

Titel

Artistin

Jahr
1910
Alternativer Titel
Artistin - Marcella
Gattung
Material / Technik
Maße
Bildmaß 101 × 76 cm
Rahmenmaß 120 × 95 × 5 cm
Digitale Projekte
Details zum Erwerb
Erworben 1997 aus Privatbesitz
Credits
Ernst Ludwig Kirchner, Artistin, 1910, Öl auf Leinwand, Brücke-Museum, Gemeinfreies Werk

Provenienz

Der Kunstverein Jena erhielt das Gemälde 1917 als Vermächtnis seines Gründers Botho Graef (1857–1917). 1937 wurde es hier im Rahmen der nationalsozialistischen Aktion Entartete Kunst beschlagnahmt. Der Galerist Ferdinand Möller (1882–1956) übernahm das Werk im März 1940, um es im Auftrag des Deutschen Reichs ins Ausland zu veräußern. Stattdessen verblieb es in seinem Besitz. In das Brücke-Museum gelangte die Artistin 1997 durch einen Ankauf aus der Sammlung von Angelika Fessler-Möller (1919–2002), der Tochter des Kunsthändlers.

Ausstellungen (Auswahl)

Literatur (Auswahl)

  • Magdalena M. Moeller, Das Brücke-Museum Berlin, Prestel, München 1996.

  • Magdalena M. Moeller (Hg.), Brücke. La nascita dell´espressionismo, Ausst.-Kat. Fondazione Antonio Mazzotta Milan, Mazzotta, Milano 1999.

  • Magdalena M. Moeller (Hg.), Die Brücke. Meisterwerke aus dem Brücke-Museum Berlin, Ausst.-Kat. Brücke-Museum Berlin, Hirmer Verlag, München 2000.

  • Magdalena M. Moeller (Hg.), Ernst Ludwig Kirchner. Neuerwerbungen seit 1988, Hirmer Verlag, München 2001.

  • Javier Arnaldo, Magdalena M. Moeller (Hg.), Brücke. Die Geburt des deutschen Expressionismus, Ausst.-Kat. Berlinische Galerie, Hirmer Verlag, München 2005.

  • Javier Arnaldo, Magdalena M. Moeller (Hg.), Brücke. El nacimiento del expresionismo alemán, Ausst.-Kat. Museo Thyssen-Bornesza Madrid/Fundación Caja Madrid, Madrid 2005.

  • Brücke und Berlin. 100 Jahre Expressionismus, Ausst.-Kat. Neue Nationalgalerie, Kulturforum Potsdamer Platz, Nicolai, Berlin 2005.

  • Magdalena M. Moeller (Hg.), Brücke-Museum Berlin, Malerei und Plastik. Kommentiertes Verzeichnis der Bestände, Hirmer Verlag, München 2006.

  • Magdalena M. Moeller (Hg.), Brücke Highlights, Hirmer Verlag, München 2007.

  • Staatssekretär für kulturelle Angelegenheiten des Landes Berlin, André Schmitz (Hg.), Im Zentrum des Expressionismus. Erwerbungen und Ausstellungen des Brücke-Museums Berlin 1988 - 2013. Ein Jubiläumsband für Magdalena M. Moeller, Hirmer Verlag, München 2013.

  • Magdalena M. Moeller (Hg.), Meisterstücke. Die schönsten Neuerwerbungen des Brücke-Museums, Ausst.-Kat. Brücke-Museum, Hirmer Verlag, München 2013.

  • Magdalena M. Moeller und Rainer Stamm (Hg.), ... die Welt in diesen rauschenden Farben. Meisterwerke aus dem Brücke-Museum Berlin, Ausst.-Kat. Landesmuseum Oldenburg, Hirmer Verlag, München 2016.

  • Magdalena M. Moeller (Hg.), Brücke Museum Highlights, Hirmer Verlag, München 2017.

  • Meike Hoffmann, Lisa Marei Schmidt, Aya Soika für das Brücke-Museum (Hg.), Flucht in die Bilder? Die Künstler der Brücke im Nationalsozialismus, Ausst.-Kat. Brücke-Museum , Hirmer Verlag, München 2019.

  • Brücke-Museum, Lisa Marei Schmidt, Isabel Fischer (Hg.), 1910. Brücke. Kunst und Leben, ausstellungsbegleitende Zeitung, Brücke-Museum, Berlin 2022.

Details

Signatur/Bezeichnung
Signiert oben rechts: EL Kirchner (Signatur)
Rückseitig auf dem Bildträger: Artistin (Bezeichnung)
Rückseitig auf dem Bildträger: Artistin (Beschriftung)

Inventarnummer
1/97

Werkverzeichnisnummer
Gordon 125

(A. Rochaun Meadows-Fernandez)

Warum lässt die Gesellschaft Schwarze Mädchen nicht Kinder sein?

Adultifizieren bedeutet, dass Lehrkräfte, Eltern und Ordnungskräfte manche Kinder weniger beschützen und eher bestrafen.

Meine Erziehung war von Bestrafung geprägt.

Es begann, als meine Vorschullehrerin mich als manipulativ und vorsätzlich störend einstufte. Sie hat sogar versucht, mich zu filmen, um meiner Mutter zu beweisen, dass ich ein Problemkind sei. Es gelang ihr nie, dieses Filmmaterial zu generieren, und sie beschuldigte mich, gutes Benehmen bei Anblick der Kamera vorzutäuschen.

Obwohl ich erst drei Jahre alt war, war sie davon überzeugt, dass mein beharrliches Handheben und meine Weigerung, still zu sitzen, ein Zeichen dafür waren, dass ich bösartig war und nicht bloß gelangweilt. Sobald ich alt genug war, um zu verstehen, was vor sich ging, erzählte meine Mutter mir, immer wenn ich Selbstzweifel äußerte, prompt diese Geschichte. Sie wollte, dass ich verstand, dass ich nicht etwa ein Problem, sondern ganz einfach eine eifrige Lernerin war. In einer Welt, in der es wichtiger war, sich zu fügen als zu glänzen, stellten meine Stärken eine Bedrohung dar.

Diese Erfahrungen waren prägend für meine weitere schulische Laufbahn. „Störend“, „schwatzhaft“ und „Ablenkung“ – diese Worte fielen fast so häufig wie mein Name. Das bedeutete, oft verwiesen zu werden, meine Mutter wurde zuhause angerufen und ich wurde zur Strafe von anderen Schüler*innen isoliert.

In der High School nahm ich kaum noch am Unterricht teil. Es war einfacher, mich auf die Jungs zu konzentrieren als im Klassenzimmer missverstanden zu werden.

Zu dieser Zeit war mir nicht klar, dass viele andere ähnliche Erfahrungen machten. Ich erlebte, was man wissenschaftlich als „Adultifizierung“ bezeichnet. Dabei erachten Lehrkräfte, Ordnungskräfte und sogar Eltern Schwarze Mädchen als weniger unschuldig und Erwachsenen ähnlicher als gleichaltrige weiße Kinder und Jugendliche. Aufgrund dieser Sichtweise werden Schwarze Mädchen oft so kategorisiert, dass sie in für ihr Alter unangemessener Form störend und bösartig seien.

Adultifizierung bedeutet, dass Schwarze Mädchen häufiger bestraft werden, sogar wenn sie das sechste Lebensjahr noch nicht erreicht haben. Einem Bericht aus den Jahren 2013–14 zufolge, der sich aus der Civil Rights Data Collection des Department of Education speist, sind nur zwanzig Prozent der Vorschulkinder Schwarz, aber Schwarze Mädchen machen 54 Prozent der Mädchen aus, die einmal oder öfter vom Vorschulunterricht ausgeschlossen werden.

Nun, da ich eine erwachsene Frau bin, die ein Schwarzes Mädchen großzieht, befinde ich mich an einem Scheideweg. Wie kann ich meiner Tochter ihre Kindlichkeit bewahren und sie gleichzeitig auf eine Welt vorbereiten, die ein voreiliges Urteil über sie fällt?

Jamilia Blake, Ph.D., ist Psychologin und außerordentliche Professorin an der Texas A&M University. Sie ist eine der Autorinnen des im Jahr 2019 erschienenen Berichts Listening to Black Women and Girls: Lived Experiences of Adultification Bias und der vorhergehenden, 2017 erschienenen Studie Girlhood Interrupted: The Erasure of Black Girls’ Childhood. Ihrer Meinung nach beeinflusst das Adultifizieren Schwarze Mädchen schon früh in ihrem Leben.

Blake fand heraus, dass Schwarze Mädchen schon im Vorschulalter so behandelt werden als seien sie älter als sie tatsächlich sind. Unglücklicherweise wird die Situation hinsichtlich der Wahrnehmung Schwarzer Mädchen mit zunehmendem Alter schlimmer. In einem Bericht beschreibt eine junge Erwachsene die Schwierigkeiten, die ihre Familie hatte, eine Grundschule für sie zu finden, nachdem in ihre Akte eine Anschuldigung eingeflossen war, der zufolge sie einen tätlichen Angriff verübt hätte. Sie hatte in der Pause einen Ball geworfen, der einem anderen Mädchen ins Gesicht geflogen war.

Blake erkundet in ihren Studien, wie Sexismus und Rassismus zusammenspielen und so unsere Erfahrungen im Bildungswesen, in der Strafrechtspflege und sogar hinsichtlich unserer sozialen Beziehungen prägen. Ihre Forschungsergebnisse, die in Zusammenarbeit mit dem Georgetown Law Center on Poverty and Inequality publiziert wurden, legen nahe, dass die Voreingenommenheit gegenüber Schwarzen Mädchen dazu führen kann, dass diese von Pädagog*innen und Ordnungskräften in geringerem Maße geschützt und unterstützt werden und dass sie häufiger bestraft werden. Dahingehend besagt der Bericht Dress Coded: Black Girls, Bodies, and Bias in D.C. Schools (2018) des National Women’s Law Center, dass Schwarze Mädchen auf unfaire Weise ins Visier genommen werden, wenn es um die Durchsetzung der Kleiderordnung geht. Darin befinden sich anekdotische Beweise, denen zufolge jeder Aspekt des Erscheinungsbildes Schwarzer Mädchen – beginnend bei den Haaren über den Körper bis zur Kleidung – das Potential hat, Auslöser für Bestrafung zu werden.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Gesellschaft Schwarze Mädchen älter macht, wodurch ihnen die Privilegien des Kind-Seins verwehrt werden, wie etwa dass bei möglichen Bestrafungen im Zweifel zugunsten der Angeklagten entschieden wird und dass ihnen Unterstützer*innen wie etwa Mentor*innen beiseite gestellt werden.

Joy Harden Bradford, Ph.D., Psychologin und Moderatorin des Podcasts Therapy for Black Girls zufolge werden Schwarze Mädchen oft als „kleine Frauen“ charakterisiert. Lehrkräfte und sogar Eltern erwarten von Schwarzen Mädchen mitunter, dass sie zuhause mehr Verantwortung übernehmen als das für ihr Alter angemessen wäre. Manche nehmen auch an, dass diese Mädchen nicht getröstet werden müssen, nachdem sie emotional leidvolle Erfahrungen gemacht haben.

Dr. Bradford ist der Ansicht, dass Adultifizierung sich in den häuslichen Pflichten manifestiert, die Eltern Schwarzen Mädchen auferlegen. Vielen wird schon in jungen Jahren Verantwortung für die Hausarbeit übertragen. Die Adultifizierung kommt sogar in der Art und Weise zum Ausdruck, in der wir den Kleidungsstil Schwarzer Mädchen kritisieren; an Jungen würden wir niemals ähnliche Kritik üben. Innerhalb der Schwarzen Community werden die Mädchen als „frühreif“ bezeichnet, es wird suggeriert, dass sie „erwachsen sein wollen“. Daraus wird gefolgert, dass sie für jegliche Konsequenzen ihrer Entscheidungen selbst verantwortlich sind. Das lässt sie altern und beraubt sie ihrer Unschuld.

Jamilia Blake führt aus, dass Schwarze Jungen und Mädchen Adultifizierung erleben, allerdings offenbart sich dies ihr zufolge auf unterschiedliche Weise, abhängig vom Gender. „Wir müssen die einzigartigen Erfahrungen Schwarzer Mädchen und Schwarzer Frauen verstehen, damit wir sie besser unterstützen und empowern können“, erklärt sie.

Als meine Tochter ein Jahr alt war, habe ich viele Leute sagen hören, dass sie gemein, unverschämt oder schwierig sei. Diese Ausdrucksweise bereitet mir Unbehagen. Aber wenn ich ehrlich sein soll, habe ich auch selbst bereits solche Kommentare vom Stapel gelassen.

Als ehemaliges Opfer von Adultifizierung hat für mich Priorität, meiner Tochter die Kindheit zu bieten, die sie verdient. Es liegt an mir, sicherzustellen, dass sie alle nötigen Mittel hat, um trotz all der Vorurteile aufblühen zu können.

Sämtliche Expert*innen, mit denen ich gesprochen habe, sagten mir, dass es wichtig sei, dass ich mein Kind ein Kind sein lasse.

„Kleine Mädchen so lange wie möglich spielen zu lassen ist wichtig“, rät Dr. Bradford.

Die Wortwahl ist auch wichtig.

Blake ist der Meinung, dass ein Bewusstsein für Adultifizierung und für die Wortwahl sowie Selbstreflexion die ersten Schritte sind. Das mag auch beinhalten, darauf hinzuweisen, wie Erwachsene in ihrer Community mit und über Kinder sprechen.

„Ich glaube, dass Schwarze Eltern sehr deutlich mit ihren Kindern und mit anderen Erwachsenen über die Beschreibungen des Verhaltens Schwarzer Mädchen kommunizieren sollten“, so Blake. Sie verdeutlicht damit, wie wichtig es ist, Erwachsene zu korrigieren, die sich einer negativen Sprache bedienen, um Schwarze junge Leute zu beschreiben.

Ich nehme mir vor, mich auf Phrasen zu fokussieren, die jenen, mit denen ich in der Schule dafür bestraft wurde, wissbegierig und engagiert zu sein, ähneln. Aussagen wie „Ihre Noten sind gut, aber sie stört in der Klasse“ oder „Sie untergräbt bewusst meine Autorität“ werden Anlass für weitere Nachforschungen sein.

„Als Schwarzes Elternteil weiß ich, dass es unsere Aufgabe ist, mit unseren Kindern Unterhaltungen zu führen, die andere nicht führen müssen. Aber es ist auch wichtig, diese Unterhaltungen auf eine Weise zu führen, die der Entwicklung des Kindes angemessen ist“, fügt Dr. Bradford hinzu.

Eine Sechsjährige ist möglicherweise noch nicht bereit für ein tiefschürfendes Gespräch darüber, inwiefern Rassismus und Sexismus ihre schulische Laufbahn negativ beeinflussen können. Aber sie kann das Konzept verstehen, dass es Leute gibt, die Mädchen anders begegnen als Jungen, oder die Menschen unfair behandeln aufgrund ihres Aussehens. Wenn Ihr Kind zwangsläufig danach fragt, warum das so ist, dann ist es ok zu sagen, dass Sie es nicht wissen. Versichern Sie ihr, dass es alle Menschen verdienen, liebe- und respektvoll sowie freundlich behandelt zu werden.

Es mangelt nicht an identitätsbezogenen Curveballs, die auf Schwarze Kinder geworfen werden. Es ist wichtig, dass wir es ihnen erlauben, ihre Kindheit und die daran geknüpften Vorteile so lange wie möglich zu genießen. Wir schulden es Schwarzen Mädchen, die Hürden, die ihnen den Weg versperren, beiseite zu räumen.

Meine Kindheit war kompromittiert, aber für meine Tochter ist es noch nicht zu spät.


Aus: New York Times, 17. April 2020.
Dieser Artikel wurde zuerst am 28. Januar 2020 in NYT Parenting publiziert.

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