Porträt


von Irene Bretscher

16 Bilder


Heute inszenieren Nutzer*innen ihre digitalen Identitäten in sozialen Netzwerken wie Instagram oder Facebook. Öffentlich präsentieren sie sich darin mit ihren Porträts, zeigen sich auf Fotos und posten Selfies. Ihre Follower*innen liken sie, hinterlassen ihre Meinungen und auch Kritik.

Vor der Erfindung der Fotografie im 19. Jahrhundert konnten sich hingegen nur Personen in Machtpositionen in Gemälden porträtieren lassen. Herrschende wollten so ihre Bedeutung allgegenwärtig verankern. Mit der Erfindung der Fotografie verlor das gemalte Porträt seine Monopolstellung. Nicht nur deshalb verfolgten die Brücke-Künstler in ihren Porträts andere Absichten. Sie wollten ihre emotionale Wahrnehmung von Freund*innen auf die Leinwand bringen oder in Selbstporträts zeigen, wie sie sich fühlten.

So malte Karl Schmidt-Rottluff 1911 das Gesicht der befreundeten Hamburger Kunsthistorikerin und Sammlerin Rosa Schapire mit tiefen Rottönen. Die Farbgebung unterstreicht den selbstbewussten und scharfsinnigen Charakter Schapires, die sich für die Rechte von Frauen einsetzte. Schon 1897 veröffentlichte sie den antikapitalistischen Text Ein Wort zur Frauenemanzipation. Mit dieser Schrift promovierte sie als eine der ersten Frauen in Deutschland.

Ein Porträt zeigt das Modell immer durch das Auge der Künstler*innen. Es gibt Einsicht in die Betrachtungsweise der Maler*innen und ist somit ein Abbild ihrer Blicke. Da zu Beginn des 20. Jahrhunderts Frauen keinen Zugang zur Kunstakademie hatten, dominiert der männlicher Blick in der Kunst dieser Zeit. In Aktdarstellungen wurde der weibliche Körper oft in einer koketten, erotisierten Haltung porträtiert oder in die Natur verortet, die seine Anmut und Schönheit begründen sollte.

 

 

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