Künstler

Cuno Amiet

Geboren
28. März 1868, Solothurn, Schweiz

Gestorben
6. Juli 1961, Oschwand (Kreis Oberaargau), Schweiz

Cuno Amiet, 1904,Fondation Cuno Amiet

Biografie

Kindheit und künstlerische Anfänge (1868–1886)

Cuno Peter Amiet wächst in der Schweizer Kleinstadt Solothurn auf. Er ist das jüngste von drei Kindern. Sein Vater Josef Ignaz Amiet arbeitet als Staatsschreiber und Archivar, seine Mutter Katharina geb. Kuster stirbt nur zwei Jahre nach seiner Geburt. 1873 heiratet der Vater erneut. Bereits als Jugendlicher interessiert sich Amiet für die Kunst: Voller Begeisterung besucht er die Kunstsammlungen von Solothurn, lässt sich von dem dort Gesehenen inspirieren und beginnt selbst zu malen und zu zeichnen. 1882 erhält er Zeichenunterricht bei dem Illustrator und Historienmaler Heinrich Jenny, nur ein Jahr später entstehen auch erste Gemälde. Amiets Wunsch Künstler zu werden wird durch die Begegnung mit dem Solothurner Maler Frank Buchser im Jahr 1884 bestärkt. Buchser ist mit seinem Vater befreundet und gibt ihm fortan Unterricht. Im Sommer 1986 schließt Amiet die Schule mit bestandener Matura ab und reist im Anschluss mit Buchser in die ländliche Gemeinde Hellsau, um Naturstudien anzufertigen. Auch in den folgenden Jahren wird er in den Sommermonaten hierher zurückkehren.

Kunststudium (1886–1892)

Im Herbst 1886 schreibt sich Amiet zum Studium an der Münchner Kunstakademie ein. Im Januar 1887 begegnet er, in einem Münchner Gasthof, dem gleichaltrigen Schweizer Künstler Giovanni Giacometti, mit dem ihn fortan eine lebenslange enge Freundschaft verbinden wird. Gemeinsam erkunden sie die Münchner Museen, lesen, fertigen Skizzen an und ziehen durch die Wirtshäuser. 1888 beschließen Amiet und Giacometti ihr Studium in Paris an der Académie Julian fortzusetzen. Sie verkehren in einem Zirkel aus Schweizer Malern und Bildhauern, knüpfen aber auch Kontakte zu internationalen Künstlern. Während seiner Studienzeit besucht Amiet regelmäßig die öffentlichen Kunstsammlungen von Paris. Vor allem die alten Meister wie die Barockmaler Rembrandt van Rijn und Diego Velàzquez faszinieren ihn. Im Musée du Luxembourg entdeckt Amiet 1890 mit Édouard Manets Gemälde Olympia die künstlerische Moderne insbesondere den Impressionismus für sich. Er ist begeistert von der „Pracht, Stärke und Einfachheit“ (Amiet 2018,S. 45) von Manets Werk. Mit dem starren Akademieunterricht aber ist Amiet zunehmend unzufrieden – er sucht nach neuen Erfahrungen.

In der Künstlerkolonie Pont-Aven (1892–1893)

Auf Anraten eines Freundes reist Amiet im Sommer 1892 in die Bretagne zur Künstlerkolonie Pont-Aven. Sein einjähriger Aufenthalt wird für ihn zum künstlerischen Erweckungserlebnis. Hier entdeckt er die Malerei von Paul Gauguin, macht Bekanntschaft mit dem Werk Vincent van Goghs, erfährt von Paul Cézanne und tauscht sich mit internationalen avantgardistischen Künstlern aus. Auch wenn sich Gauguin 1892 selbst nicht mehr in Pont-Aven aufhält, nimmt er innerhalb der Künstlerkolonie dennoch eine Art Meisterfunktion ein. Gemeinsam mit dem irischen Künstler Roderic O’Conor diskutiert Amiet die antiakademischen Theorien und Ideen der Schule von Pont-Aven. Angeregt durch seine Erfahrungen und Beobachtungen in Pont-Aven entwickelt Amiet seinen Stil weiter. Er bringt nun nicht mehr das naturgetreue Motiv, sondern seine subjektive Empfindung des Gesehenen auf die Leinwand – Farben und Formen lösen sich vom Gegenstand. Dabei übernimmt er Stilelemente von Gauguin ebenso wie von van Gogh. Obwohl Amiet gerne noch länger in dem bretonischen Künstlerort bleiben möchte, muss er ihn nach einem Jahr wieder verlassen, da er sich den Aufenthalt dort nicht länger leisten kann.

Der Einfluss Ferdinand Hodlers (1893–1905)

Zurückgekehrt in die Schweiz lernt er auf der Generalversammlung der Gesellschaft Schweizerischer Maler und Bildhauer 1893 den Jugendstilmaler Ferdinand Hodler kennen. 1896 wird der Schweizer Papierfabrikant Oscar Miller auf Cuno Amiet aufmerksam und wird fortan dessen Sammler und Mäzen. Miller ist es auch, der Hodler das erste Mal in Amiets Atelier führt. Der Kontakt zwischen den beiden Künstlern intensiviert sich, sie stellen zusammen aus und Amiets Stil nähert sich teilweise Hodlers an. 1898 heiratet Amiet Anna Luder, die Tochter einer Wirtshausinhaberin aus Hellsau, und lässt sich mit ihr im ländlichen Oschwand im Kreis Oberaargau nieder. Im selben Jahr beginnt Amiet gemeinsam mit Hodler die Arbeit an einer Wanddekoration für das Museum in Solothurn. 1904 nehmen beide zusammen an der Ausstellung der Wiener Secession teil. Zu diesem Zeitpunkt ist das Verhältnis der Künstler allerdings bereits durch persönliche Differenzen getrübt und 1905 kommt es zum Bruch. Im selben Jahr stellt er in der Dresdner Galerie Richter aus. Auch wenn die Ausstellung nicht den erhofften Erfolg mit sich bringt, sorgt sie dennoch dafür, dass die Maler der Brücke auf sein Werk aufmerksam werden. Kurz darauf gewinnt er auf der IX. Internationalen Kunstausstellung in München die Goldmedaille.

Mitglied der Künstlergruppe Brücke (1906–1913)

Am 6. März 1906 wendet sich der Brücke-Künstler Erich Heckel per Brief an Cuno Amiet: „Mit Bewunderung und Begeisterung haben wir Ihre Werke gesehen und erlauben uns zu fragen, ob Sie unserer Gruppe Brücke beitreten wollen. Einstimmig haben wir in Ihnen einen der Unsrigen erkannt (…).“ (zit.nach Mauner 1979. S. 15) Amiet nimmt die Einladung an und wird schon kurz darauf Gruppenmitglied der Brücke. Er engagiert sich fortan durchgängig für sie und mit ihr. Er ist auf allen großen Ausstellungen der Brücke mit Werken vertreten und gewinnt eine Vielzahl an Förder*innen für sie. Durch die Mitgliedschaft Amiets erhoffen sich die Brücke-Künstler weitere Netzwerke erschließen zu können und vor allem im internationalen Raum mehr Bekanntheit zu erreichen. So bittet ihn die Gruppe auch Kontakt mit den Künstlern Henri Matisse, Kees van Dongen und Edvard Munch herzustellen und sie zur Mitgliedschaft in der Brücke zu bewegen, was allerdings erfolglos bleibt. Der Austausch zwischen Amiet und seinen Kollegen der Brücke findet in den ersten Jahren ausschließlich per Brief statt, zu einer persönlichen Begegnung kommt es erst 1912 auf der Sonderbundausstellung in Köln. Amiet bleibt bis zur Auflösung der Gruppe 1913 aktives Mitglied, noch im Januar 1913 findet auf seine Initiative hin eine große Präsentation im Baseler Kunstverein statt, die letzte Gruppenausstellung der Brücke.

Künstlerische Etablierung (1914–1930)

In den 1910er-und -20er-Jahren lernt Amiet zahlreiche moderne Künstler*innen kennen. So knüpft er beispielsweise Kontakt mit Künstler*innen des Blauen Reiters Wassily Kandinsky, Gabriele Münter und Paul Klee, und wird Mitglied der Schweizer Gruppe Moderner Bund und lernt dadurch Edvard Munch persönlich kennen. Er etabliert sich zusehends sowohl in der Schweiz als auch in der internationalen Kunstszene und beteiligt sich an einer Vielzahl von Ausstellungen. Sein Wohnsitz wird zur Pilgerstädte für Künstler*innen und Kunstinteressierte. Auch Lovis Corinth besucht ihn 1924 auf der Oschwand. Viele junge Maler*innen kommen zu Amiet und erbitten sich seinen Rat, einige nimmt er als Schüler*innen auf. Anlässlich seines 60. Geburtstags findet 1928 eine Amiet-Ausstellung im Berner Kunstmuseum statt und 1930 werden Werke von ihm in der Carnergie International Exhibition of Paintings in Pittsburg, USA gezeigt.

Die späten Jahre: Von verbrannten Bildern und dem Kontakt zu Winston Churchill (1931–1961)

1931 werden bei einem Brand des Münchner Glaspalastes 51 Werke von Amiet vernichtet. Der Künstler hatte eine selbst getroffene Auswahl seiner wichtigsten Werke der Jahre 1892 bis 1930 für eine Retrospektive-Ausstellung nach München gesendet. In der Schweiz genießt Amiet als Künstler mittlerweile großes Ansehen und auch seine Kontakte ins Ausland halten an. Im nationalsozialistischen Deutschland wiederum stößt seine moderne Malweise in den 1930er-Jahren zunehmend auf Ablehnung. Im Rahmen der Propagandaaktion „Entartete Kunst“ werden im Sommer 1937 Werke Amiets – gemeinsam mit Werken vieler anderer Künstler*innen der Moderne – aus deutschen Sammlungen beschlagnahmt und entfernt. Zwei Jahre später sind Werke von ihm im New Yorker Brooklyn Museum zu sehen. 1951 lernt Amiet den britischen Premierminister Winston Churchill kennen. Er reist zu dessen Landsitz nach Chartwell, um Churchhill in der Maltechnik mit Temperafarben der Schweizer Marke Sax zu unterweisen. Als Amiets Frau Anna 1953 stirbt bedeutet dies für Amiet einen großen Verlust. Trotz seiner Trauer ist er weiterhin schöpferisch aktiv und es entsteht eine Vielzahl an neuen Werken Der Maler beginnt sich nun wieder stärker auf seine künstlerischen Anfänge zu beziehen. 1954 vertritt Amiet die Schweiz an der Biennale in Venedig. Gezeigt werden Werke aus den Jahren vor 1918 und Amiet wird als Pionier der Moderne präsentiert. In den folgenden Jahren ist er weiterhin in internationalen Ausstellungen vertreten.1960 veranstaltet die Kunsthalle Basel die letzte große Retrospektive zu Amiets Lebzeiten. Er stirbt 1961 mit 93 Jahren in seinem Haus auf der Oschwand.

Isabel Fischer


Literatur

Cuno Amiet. Maler der Moderne, Du, Heft 886, September 2018.

George Mauner, „Cuno Amiet und die Maler der Brücke“, in: Hansjakob Diggelmann (Hg.), Cuno Amiet und die Maler der Brücke, Ausst.-Kat., Kunsthaus Zürich, 1979, Brücke-Museum, Berlin, 1979, Zürich 1979, S. 15–30.

Cuno Amiet, „Verbündete“, in: Cuno Amiet. Maler der Moderne, Du, Heft 886, September 2018, S. 44-45 (erstmals erschienen in: Galerie und Sammler, 1. Jahrgang, Nr. 9/10, September 1933).