Film, Diskussion

Millis Erwachen
mit Natasha A. Kelly

Millis Erwachen: Filmscreening und Vortrag mit Natasha A. Kelly in der Ausstellung Whose Expression? im Brücke-Museum, moderiert von Daniela Bystron.

Nadu (Jahrgang 1955), Maskenherstellerin, Naomi (Jahrgang 1965), Schauspielerin, oder Maciré (Jahrgang 1995), Studentin sind drei von acht Protagonistinnen, die die Gemeinsamkeit haben als Schwarze Frauen* ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland zu haben und im Kunstkontext tätig zu sein. Ihre biographischen Erzählungen zeigen, inwieweit die Beschäftigung mit Kunst, in all ihren Ausprägungsformen, als »Heilmittel« dienen kann, gelebte emotionale Isolation und gesellschaftliche Unterdrückung zu lindern. Denn Schwarze Frauen* wurden seit jeher durch den weißen männlichen Blick erotisiert und exotisiert. In den als „Klassiker“ geltenden Werken vieler Expressionisten wurden sie lediglich als „Objekte der Begierde“ abgebildet. Der Maler Ernst Ludwig Kirchner beispielsweise suchte zur Blütezeit des deutschen Kolonialismus weniger die Anatomie des Frauen*körpers zu erforschen. Vielmehr ging es ihm darum, über die vermeintliche „Naturgebundenheit“ seiner Motive seine eigene Mannes*kraft zu spüren. 1911 malte er die Schlafende Milli nackt auf einer Couch liegend. Als Inspirationsquelle ließ er nur die eigene Potenz gelten. Während zahlreiche Kunsthistoriker*innen neben der Ästhetik auch die Sexualfantasien von Kirchner in den Fokus ihrer Analysen nehmen, taucht der Film in die Gedanken- und Gefühlswelt seiner „Muse“ ein und lässt Milli sinnbildlich erwachen. In Interviews mit der Filmemacherin Natasha A. Kelly kommen Schwarze Kunstschaffende verschiedener Generationen zu Wort, die in und durch ihre künstlerische Arbeit die gängigen kolonialtradierten Stereotype überwunden und ihre eigene selbstbestimmte Identität als Schwarze Frauen* innerhalb der weißen deutschen Mehrheitsgesellschaft ausgeformt haben. Sie berichten von ihren Herausforderungen in und mit deutschen Kunstinstitutionen, von visueller Repräsentation und politischer und sozialer Ausgrenzung. Wo lässt sich auf ihren Erfahrungen aufbauen? Welche Strategien können zusammengebracht werden? Welche müssen neu gedacht werden? Kunst bildet damit nicht nur die Architektur des Films, sondern wird auch als Grundstein für den sozialen und politischen Aktionismus der Projektbeteiligten dargestellt. In der gleichnamigen, zweisprachigen Publikation werden die geführten Interviews in ihrer vollen Länge abgedruckt. Ziel ist es, die Bedeutung künstlerischen Schaffens aus einer Schwarzen feministischen Perspektive aufzuzeigen.

Dr. phil. Natasha A. Kelly ist freie Autorin, Kuratorin und Wissenschaftlerin. In ihren Arbeiten verbindet sie Theorie und Praxis und schafft es damit, Transferleistungen zwischen Wissenschaft, Gesellschaft und Politik herzustellen. Zudem ist sie seit vielen Jahren in der Schwarzen deutschen Community engagiert. Neben ihrer beratenden Tätigkeit für verschiedene Kunstinstitutionen ist sie die künstlerische Leiterin der Theaterreihe »M(a)y Sister«, die seit 2015 am HAU Hebbel am Ufer Theater in Berlin aufgeführt wird. Ihr Debütfilm »Millis Erwachen« (2018) lief von Juni bis September 2018 auf der 10. Berlin Biennale und war von Oktober 2018 bis März 2019 am Museum für Moderne Kunst MMK in Frankfurt zu sehen. Mit der gleichnamigen Publikation und ihrem gleichzeitigen Debüt als Filmemacherin stellt sie entgegen den gängigen Formaten der Dominanzgesellschaft kollektive Erfahrungen und Gefühle von Schwarzen Künstlerinnen in ihrer Vielfältigkeit und Verwobenheit dar, so dass die Kontinuität Schwarzer Feminismus in Deutschland sichtbar wird.

www.natashaakelly.com

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