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Wohnung von Walter Kaesbach (?-1914)

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Erich Heckel, Beim Vorlesen, 1913/14, Brücke-Museum, © VG Bild-Kunst, Bonn 2023

Erich Heckel, Beim Vorlesen, 1914, Brücke-Museum, Karl und Emy Schmidt-Rottluff Stiftung, © VG Bild-Kunst, Bonn 2023

„In Berlin bewohnte ich in der Brückenallee, direkt am Großen Stern, eine Doppelwohnung. Von meinem Fenster konnte ich den Bellevue-Park sehen. Zwischen den beiden Wohnungen war eine Tapetentür. Wenn ich Gäste hatte, benützten sie die Wohnung, und ich hatte meine eigene Wohnung.“

Walter Kaesbach im Gespräch mit dem Kunsthändler Roman Norbert Ketterer, 1959

Von dem einst vornehmen kaiserzeitlichen Hansa-Viertel ist heute kaum noch etwas übrig, nicht einmal die Straßenführung. Wo sich seit den 1950er-Jahren ein komplett neues Quartier, geprägt von Gebäuden der Nachkriegsmoderne, erstreckt, stehen bis zu ihrer kompletten Zerstörung im Zweiten Weltkrieg prunkvolle Stadthäuser. Die einstige Nachbarschaft ist vornehm: Viele Bankiers, Fabrikanten, Privatiers und Unternehmer und ihre Familien leben hier, aber auch der Kunsthistoriker Walter Kaesbach. Dieser ist seit 1909 Assistent von Ludwig Justi, dem Direktor der Neuen Nationalgalerie. Im Zuge seiner Arbeit lernt er 1912 Erich Heckel kennen. Es ist der Beginn eines regen Austauschs und einer intensiven, lebenslangen Freundschaft, die von regelmäßigen gegenseitigen Besuchen geprägt ist.

Neben ihrer Leidenschaft für die Kunst teilen Heckel und Kaesbach eine Begeisterung für die Literatur. Bereits als Schüler ist Heckel Mitglied eines Leseclubs und versucht sich selbst im Schreiben. Später verarbeitet er literarische Motive in seinen Werken. Am wichtigsten ist es ihm jedoch, Literatur zusammen mit befreundeten Menschen zu genießen: Denn Lesen bedeutet für ihn einen gemeinschaftsbildenden, ja sogar feierlichen Moment, den man teilen sollte.

 

Ehemalige Brückenallee 4, Foto: Georg Büxenstein & Comp., Berlin, ZLB

In der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg treffen sich Erich Heckel, dessen spätere Ehefrau Sidi Riha und Walter Kaesbach regelmäßig zu gemeinsamen Leseabenden. Ort dieses Vergnügens ist meist Kaesbachs geräumige Doppelwohnung in der Brückenallee, von der aus sie einen herrlichen Blick ins Grün des angrenzenden Parks von Schloss Bellevue genießen. Wie bedeutsam diese Leseabende insbesondere für Heckel sind, zeigt sich auch daran, dass er entsprechende Szenen in mehreren Werken aus dem Jahr 1914 festhält.

Der Zufall der Geschichte will, dass an Stelle der alten Berliner Adresse von Kaesbach, der sich zeitlebens für die Kunst der Moderne einsetzt, heute die Akademie der Künste steht – entworfen von Werner Düttmann, demselben Architekten, der das Brücke-Museum gebaut hat.

Valentina Bay

Erich Heckel, Lesender, 1914, Brücke-Museum, © VG Bild-Kunst, Bonn 2023

Erich Heckel, Beim Vorlesen, 1914, Brücke-Museum, © VG Bild-Kunst, Bonn 2023

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