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Wohnatelier von Anton Kerschbaumer (1920–1934)

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Anton Kerschbaumer, Wohnecke im Atelier, um 1925, Brücke-Museum

„Elektrisches Licht (wunderbare Deckenbeleuchtung), Warmwasser, Zentralheizung (die gut funktioniert), Balkon gedeckt, mit Fenstern, zwei herrlich tiefe Nischen. Alles herrlich in Ordnung[.]“ Als Walter Gramatté seinem Freund Anton Kerschbaumer im Frühjahr 1921 anbietet, seine Mietwohnung in der Emser Straße in Wilmersdorf eine Zeit lang zu übernehmen, ist dies ein Glücksfall für den Künstler. Zwar befinden sich die Zimmer im Dachgeschoss, aber es gibt einen Fahrstuhl, einen geräumigen Atelierbereich und dank der großzügigen Fenster auch ausreichend Licht für die kreative Arbeit. Hinzu kommt, dass Kerschbaumer nun direkter Nachbar des ehemaligen Brücke-Mitglieds Erich Heckel wird. Die beiden hatten sich bereits im Ersten Weltkrieg während ihres gemeinsamen Einsatzes als Sanitäter in Ostende kennen und als Künstler schätzen gelernt. Nun, wo sie in benachbarten Häusern wohnen, bietet sich auch in Berlin die Gelegenheit für den spontanen künstlerischen und persönlichen Austausch.

Anton Kerschbaumer, Atelier-Interieur mit Bild Erich Heckels, 1926, Brücke-Museum

Als Gramatté im Februar 1922 die Räumlichkeiten zurückfordert und selbst wieder beziehen möchte, kommt es zum Eklat zwischen ihm und Kerschbaumer. Denn Letzterer möchte das Wohnatelier, in dem er sich mittlerweile häuslich eingerichtet hat, behalten. Verärgert berichtet Gramatté dem befreundeten Sammler und Rechtsanwalt Paul Rauert: „Ich habe gestern an K.[erschbaumer] geschrieben. Ich habe ihm 20.000 Mark geboten, wenn er mir mein Atelier zurückgibt. Aber er wird es wohl nicht tun. Ich bin noch immer Emserstraße 19/20 polizeilich gemeldet, auch beim Wohnungsamt. K.[erschbaumer] ist als mein Untermieter eingetragen. Sobald ich mich also abmelde, kann er sehr, sehr schnell rausfliegen.“ Aber so kommt es nicht. Am Ende landet der Streit vor Gericht und wird zugunsten Kerschbaumers entschieden. Gramatté ist verzweifelt, dass seine „Menschenvertraulichkeit“ gerade von einem Freund ausgenutzt wurde; Kerschbaumer wiederum bleibt bis zu seinem Tod hier wohnen und lässt sich durch die Räumlichkeiten zu einer Vielzahl von Werken inspirieren.

Isabel Fischer

Ludwigskirch-Platz, Ecke Emser Straße,  1911, Ansichtspostkarte, Archiv des Museums Charlottenburg-Wilmersdorf

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